Parkinson

Parkinson Interview

„Parkinson hat 1000 Gesichter“. Bei Parkinson wird das immer schlimmer, das können Sie nicht bremsen“ Interview mit Familie S.

Heute ist Welt Parkinson-Tag, deshalb haben auch wir uns ausführlich mit der Krankheit auseinandergesetzt. Mehr als 250.000 Menschen sind in Deutschland an Parkinson erkrankt. Wir wollten mehr über Parkinson wissen, nämlich aus der Perspektive eines Erkrankten, darum haben wir eine unserer Kunden gefragt, ob sie bereit wäre ein Interview mit uns zu führen. Das Interview haben wir mit Frau S. und Ihrem Ehemann geführt.

Wann wurde Parkinson bei Ihnen diagnostiziert?

Frau S.: Am 12.01.1996 ist es das erste Mal bei mir aufgetreten, aber es wurde noch keine Diagnose gestellt. Die Diagnose, Parkinson, kam erst 6 Jahre später. Ich hatte das Ganze eigentlich schon aufgegeben.

Welches waren die ersten Symptome bei Ihnen?

Frau S.: Bei mir fingen die Symptome am Arm an. Das war mir vorher noch nie aufgefallen und ich habe zu meinem Mann gesagt, dass irgendetwas nicht in Ordnung sei. Dann war alles wieder gut bis wir Rad gefahren sind. Ich habe gedacht, mein Fahrrad wäre kaputt, weil es so geklackert hat. Mein Mann ist beim nächsten Mal hinter mir her gefahren, um zu sehen woran es liegt.

Herr S.: Und es passierte Folgendes, als Sie mit der Pedale am oberen Punkt war, trat sie zurück und dann wieder nach vorne, wodurch das Fahrrad klackte.

Frau S.: Hinterher kam ich nicht mehr mit dem Laufen zurecht. Wir haben oft Tennis gespielt und ich bekam Schwierigkeiten beim Laufen. Ich wollte gar nicht mehr aufhören zu laufen. Das waren so die ersten Symptome bei mir.

Wie Sie gerade schon erwähnt haben, hat es 6 Jahre gedauert bis Parkinson bei Ihnen diagnostiziert wurde. Wie wurde es bei Ihnen diagnostiziert?

Frau S.: Wir waren in zig Kliniken, in Essen, Münster oder Wiesbaden. Ich konnte keinen Arzt mehr sehen. Die Ärzte haben das einfach nicht festgestellt.

Herr S.: Sie haben meine Frau untersucht, das können Sie sich gar nicht vorstellen. Da wurde alles gemacht und trotzdem haben sie nichts gefunden.

Frau S.: Die erste Diagnose war psychogene Gangstörung. Weil die genaue Diagnose damals nicht feststellbar war, hieß es also psychogene Gangstörung.

Herr S.: Ich habe mich an den Computer gehängt und im Internet recherchiert, was meine Frau haben könnte. Ich habe verschiedene Selbsthilfegruppen angerufen und schließlich bin ich auf eine Parkinson Selbsthilfegruppe gestoßen. Die Dame am Telefon hat mir gesagt, dass nach meiner Beschreibung Parkinson möglich wäre. Sie hat uns einen Arzt in Bochum empfohlen, zu dem wir gehen sollten.

Frau S.: Ich hatte wirklich die Nase voll von Ärzten und wollte nicht mehr.

Herr S.: Da habe ich dann einfach einen Termin gemacht.

Frau S.: Der Arzt hatte mich nur angesehen und meine gesamte Akte kurz überflogen und deutete an, dass er weiß, was ich habe. Er war der Meinung, ich hätte Parkinson, obwohl alle Ärzte, bei denen ich war, Parkinson ausgeschossen hatten. Um eine endgültige Diagnose zu stellen, wurde mit mir ein Dopamin-Test gemacht. Dabei hatte sich letztendlich herausgestellt, dass ich an Parkinson erkrankt bin.

Nehmen Sie besondere Medikamente ein?

Herr S.: Meine Frau reagiert auf manche Tabletten sofort und auf andere reagiert sie etwas später. Leider ist auch dieses Fenster mit der Wirkung bei ihr sehr klein. Das heißt, geringe Dosen können sie zum Schwitzen oder Zappeln bringen, wohingegen noch geringere Dosen ihr helfen können. Und das ist oftmals falsch eingeschätzt worden. Ich weiß jetzt nicht wie die ganzen Medikamente heißen. Sie bekommt zig Medikamente.

Frau S.: Bisher habe ich kein Dopamin bekommen. Ich bekomme Agonisten, die beinhalten zwar Dopamin, aber in einer geringeren Dosis.

Haben Sie schon andere bzw. weitere Behandlungsmöglichkeiten in Betracht gezogen?

Herr S.: Sie können bei Parkinson noch etwas mehr machen. Das heißt, Sie können auch eine Hirnstimulation machen lassen. Bei manchen Menschen hilft das und bei anderen überhaupt nicht. Dann gibt es noch zwei weitere Methoden. Sie bekommen eine Pumpe entweder unter die Haut oder in den Dünndarm gesetzt, die Ihnen die Medikamente direkt injiziert. Meine Frau hat diese Methoden nicht ausprobiert. Wir versuchen das mit den Tabletten hinzubekommen.

Welche Hilfsmittel benötigen Sie für den Alltag?

Frau S.: Das zähle ich Ihnen gerne mal auf. Ich habe einen Rollator für die Wohnung und einen Rollator für außen. Dann habe ich einen Rollstuhl mit Antrieb, einen Scooter und einen Toilettenstuhl.

Da kommt schon eine Menge zusammen. Wie hat sich Ihr Alltag für Sie verändert?

Frau S.: Alles.

Herr S.: Restlos alles. Meine Frau kann ganz wenig machen. Zum Duschen bringe ich sie, hol sie raus und trockne sie ab. Ich mache Frühstück, wasche ab und gehe einkaufen.

Frau S.: Teilweise komme ich auch mit. Ich fahre dann mit dem Rollstuhl. Wobei das nur in Supermärkten mit großen Gängen möglich ist.

Herr S.: Ich kann meine Frau im Grunde 24 Stunden lang nicht aus den Augen lassen. Obwohl ich auch mal zwei Stunden zum Tennis gehe.

Frau S.: Wir haben auch entsprechende Freunde oder Bekannte, die mir, wenn ich zur Toilette gehe und meine Hose nicht richtig hoch bekomme, helfen. Also Schamgefühl, das können Sie abstellen. Wir sind immer in den Urlaub geflogen. Nach Schottland, Indien oder Rom. Und dann kam das von heute auf morgen.

Herr S.: Dieses Jahr möchten wir wieder in den Urlaub, irgendwo in Deutschland.

Haben Sie Kontakt zu anderen Erkrankten? Oder haben Sie Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe?

Frau S.: Zu der Zeit als ich in Hattingen war, habe ich eine Frau kennengelernt. Mit ihr habe ich nach wie vor telefonischen Kontakt. Zu einer Selbsthilfegruppe haben wir auch Kontakt. Aber wissen Sie, Sie müssen dahin gehen und das ist nicht ganz unproblematisch.

Als abschließende Frage, was würden Sie anderen Betroffenen mit auf dem Weg geben?

Herr S.: Was eventuell zu erwähnen wäre, wäre die Umwelt. Da werden Sie teilweise ganz schön grob beschimpft. Dabei wissen die Leute überhaupt nicht, was los ist. Andere müssen auch damit rechnen, dass sie angepöbelt werden.

Frau S.: Es ist auch wichtig, dass die Menschen nicht aufgeben sollten nach Ärzten zu suchen. Es lohnt sich nach guten Ärzten zu suchen. Und Bewegung ist sehr wichtig. Bewegung ist bei Parkinson das A und O.

An dieser Stelle wollen wir uns bei Familie S. für Ihre Bereitschaft, sich interviewen zu lassen und für Ihre Offenheit bedanken. Die Perspektive einer betroffenen Familie zu Parkinson, mit den 1000 Gesichtern.

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