Meist keine Chance für die chemische Wunderwaffe Antibiotika
Im häuslichen Umfeld, in Arztpraxen, im Bereich der Pflege und in Kliniken kommt es oftmals zu Infektionen im Rahmen einer Behandlung.
Erreger dieser Infektionen können multiresistente Bakterien sein. Diese sind ursprünglich harmlos und einige von uns tragen sie sogar die ganze Zeit mit sich, zum Beispiel in der Nasenschleimhaut. Aber sobald sie ins Blut gelangen und sich deutlich vermehren kann es gefährlich werden.
Der Mensch entwickelte vor Jahren eine Wunderwaffe auf chemischer Basis, die uns vor den bösen Angriffen schützen sollte. Antibiotika. Angefangen hat alles mit Penicillin. Penicillin war das erste wirksame Antibiotikum. Die heilende Wirkung wurde 1929 von Sir Alexander Fleming entdeckt. Nach 16 Jahren wurde Penicillin analysiert und synthetisiert. Für diese medizinische Revolution wurde der Nobelpreis verliehen. Und dieses entdeckte Prinzip hat bisher funktioniert, um schädliche Bakterien in unserem Körper zu bekämpfen. Nur haben die Bakterien mittlerweile einen Weg gefunden immun gegen Antibiotika zu werden. Sie entwickelten so genannte Resistenzen, eine Widerstandsfähigkeit gegenüber Antibiotika. Die Anzahl der multiresistenten Erreger hat sich dadurch in den letzten Jahren vervielfacht.
Das Bakterium hat Mechanismen entwickelt, bei denen das Antibiotikum dem Bakterium nichts anhaben kann. Dabei gibt es unterschiedliche Lösungen. Viele Antibiotika versuchen die Erreger von innen zu bekämpfen, das heißt die Antibiotika Stoffe müssen erst einmal ins Zellinnere des Bakteriums gelangen. Und genau bei diesem Schritt sind Widerstandsfähigkeiten seitens der Bakterien entwickelt worden.
- Ein Bakterium macht die Poren dicht und verhindert so, dass das Antibiotikum überhaupt ins Zellinnere gelangt, es wird „abgeblockt“, ein anderes agiert gegen das Antibiotikum, in dem es die Stoffe, sobald sie ins Zellinnere gelangt ist, über spezielle Pumpen zurück weist. Dies geschieht bevor das Antibiotikum wirken kann.
- Wieder Andere gehen aktiv gegen das Antibiotikum vor und neutralisieren es durch effektive Abwehrenzyme. Ist das Antibiotikum erst bekämpft haben die Bakterien freie Bahn und vermehren sich weiter. Diese Abwehrpläne des Bakteriums entstehen rein zufällig. Sie ergeben sich durch Mutationen in der Erbsubstanz.
Ein Fehler wird zum Vorteil für die Bakterien.
Bakterien leben in einer Kolonie. Nicht Alle dieser Kolonie weisen die Widerstandsfähigkeit vor. Aber sie haben eine Möglichkeit diese zu übertragen. Die Übertragung der Resistenz erfolgt über Plasmabrücken. Die Bakterien erzeugen Kontakt zueinander über Plasma- bzw. Konjugationsbrücken. Über diese Brücke kann ein Genaustausch vom Spenderbakterium zum Empfängerbakterium stattfinden. Schnell wird aus einer resistenten Bakterie eine ganze Armee. Wenn sich dann noch Viren einmischen, kann die Übertragung schneller voranschreiten. Denn Viren infizieren und vermehren sich innerhalb eines Bakteriums, dabei nehmen sie oft Stücke des Erbguts mit. Die Viren übertragen die resistenten Gene bei jeder Neuinfizierung eines Bakteriums. So verteilen sie die Informationen auf die anderen, noch nicht resistenten, Bakterien der Kolonie. Unfreiwillig werden sie zu Mittätern im Kampf gegen Antibiotika.
Die häufigen Folgen von dieser Invasion sind Entzündungen. Meistens kommt es zu Harnwegsinfektionen, Atemwegsinfektionen oder Wundinfektionen, sowie Blutvergiftungen.
Die Bakterien im Körper sind die Killer, allerdings ist das schwierig nachzuvollziehen. Es lässt sich kaum nachweisen, wann sich jemand mit den aggressiven Bakterien infiziert hat.
Typische Erreger dieser Infektionen sind:
- Staphylokokkus aureus
resistente Form heißt auch kurz MRSA=Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus. Etwa 40% der Deutschen sind Träger und jeder zweite trägt ihn im Nasen-Rachen-Raum. Knapp jeder 50. Mensch ist sogar Träger des multiresistenten Keims.
Gefährlich wird es, wenn die Bakterien Flora durcheinander gerät. Gelangt das Bakterium in den Körper oder schlimmer in die Blutbahn wird es meistens lebensgefährlich. Anfang der 70er Jahre war die Anzahl der resistenten Staphylokokkus Keime sehr gering aber im Laufe der Jahre steigt sie immer mehr an. - Ecoli
- Pseudomonas aeroginosa
Gegen diese Erreger im resistenten Zustand helfen keine Antibiotika. Die Bakterien haben sich sozusagen an Antibiotika gewöhnt. Sie haben einen Plan entwickelt, um trotz der Einnahme eines Antibiotikums, schaden im Körper anzurichten. Ein möglicher Grund dafür: Antibiotika sind die 3. häufigsten verkauften Medikamente. Trotzdem kennen sich viele nicht mit dem gewissenhaften Umgang von Antibiotikum aus. Sie wissen nicht, dass Antibiotika nur gegen Bakterien helfen oder gehen nicht verantwortungsvoll bezüglich der Einnahme um.
Deutschlandweit nehmen circa 80% einmal im Jahr ein Antibiotikum ein – Folge: resistente Bakterien bleiben nach der Anwendung auf dem Körper zurück.
Zudem fördert die falsche und vor allem unregelmäßige Einnahme die Bildung von resistenten Bakterien. Denn die Bakterien werden nicht abgetötet, sondern entwickeln im Umkehrschluss die gefährliche Resistenz. Ein weiterer Grund ist, dass häufig gar kein Antibiotikum eingenommen werden müsste. Jährlich werden etwa 60 Millionen Packungen Antibiotika verschrieben, dabei liegt die Fehlverschreibungsrate bei annähernd 40-50%.
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