Ernährung bei Diabetes – ein Thema voller Missverständnisse!
Die „Zuckerkrankheit“ – der Name spricht doch gewiss bereits für sich? Folglich: Wer an Diabetes leidet, darf keinen Zucker essen. So lautet wohl jedenfalls die weit verbreitete Meinung. Aber wie viel Wahrheit steckt heutzutage noch in diesem Volksglauben? Was dürfen Diabetiker essen, wie kann ein empfohlener Speiseplan aussehen? Dazu – und natürlich zu einigen anderen interessanten Fakten rundum Diabetes – mehr im Folgenden!
Die gute Nachricht vorneweg: Eine echte „Diabetes-Diät“ oder allzu strenge Vorschriften gibt es nicht: Menschen mit Diabetes – ganz gleich ob sie von Typ 1 oder 2 betroffen sind – dürfen praktisch alles essen. Dennoch gibt es einige Tipps und Ratschläge, die für Betroffene empfohlen und dem Behandlungserfolg zuträglich sind – „egal“ ist es im Gegenzug nämlich schlichtweg nicht, wie die Ernährung bei Diabetes gestaltet wird. Insbesondere für Menschen mit Diabetes des Typs 2 gilt: Wer sich gut ernährt, kann auf die Einnahme von Medikamenten verzichten und Folgeerkrankungen vermeiden. „Vollwertige Mischkost“ lautet das Zauberwort!
Welche Arten der Diabetes gibt es?
Aber spulen wir mal ein wenig zurück: Zunächst zu den medizinischen Hintergründen. Diabetes mellitus ist eine Stoffwechselerkrankung, die sich auf viele Bereiche des Körpers auswirkt. Sie führt zu einem dauerhaft erhöhten Blutzuckerspiegel. In Deutschland sind circa sechs Millionen Menschen betroffen, neunzig Prozent von ihnen leiden dabei unter einer Diabetes vom Typ 2.
Je nach Art der Diabetes kann der Körper entweder kein Insulin (ein Hormon oder chemischer Botenstoff, der wichtige Körperfunktionen reguliert und erst die Verwertung aufgenommener Nahrung ermöglicht) produzieren (Typ 1) oder es nicht ausreichend nutzen (Typ 2). Typ 1 zeichnet sich als Autoimmunerkrankung durch einen Insulin-Mangel aus, der darin begründet liegt, dass das eigene Immunsystem Betroffener die für die Produktion von Insulin zuständigen Betazellen in der Bauchspeicheldrüse angreift. Typ 1 betrifft in der Mehrheit Personen unter 16 Jahren und macht drei bis fünf Prozent der Gesamtzahl aller Diabetiker aus.
Die verbreitetere Form ist Diabetes Typ 2, hier wird der Körper dem Insulin gegenüber unempfindlicher. Man spricht auch von einer Insulinresistenz. Die Neigung zu diesem Diabetestyp ist genetisch bedingt, allerdings gibt es zahlreiche Risikofaktoren, die eine Erkrankung begünstigen: Übergewicht und Bewegungsmangel sind die häufigsten Gründe für diese Art der Diabetes, die meist erst im Erwachsenenalter (früher sprach man daher auch von der „Altersdiabetes“) auftritt: Bis zu neunzig Prozent aller Erkrankten haben Übergewicht oder leiden sogar an Adipositas.
Hinzu kommen noch weitere, weitaus seltenere Typen von Diabetes. Alle haben sie den dauerhaft erhöhten Blutzuckerspiegel gemein. Dieser verursacht zwar keine Schmerzen, schädigt aber Nerven und Gefäße und kann letztlich zu schwerwiegenden Folgeerkrankungen führen: Herzinfarkt, Schlaganfall, Nierenschäden oder sogar eine Amputation sind keine Seltenheit, wenn man im Umgang mit der Krankheit keine Vorsicht walten lässt.
Wir bitten zu Tisch – Ernährung bei Diabetes Typ 1
So weit, so gut. Was aber kommt einem Diabetiker nun am besten auf den Teller? Nun, kurz und gut: für Menschen mit Diabetes gelten im Grunde die gleichen „goldenen Regeln“ wie für alle Menschen mit gesundem Stoffwechsel auch: Wer sich ausgewogen und maßvoll ernährt, ist auf einem guten Weg und kann das Risiko für Folgeerkrankungen minimieren.
Für Menschen mit Diabetes des Typs 1 gilt: Die Kontrolle der Blutzuckerwerte ist wichtig. Neben der Tageszeit, verschiedenen etwaigen anderen Erkrankungen, ggfs. eingenommenen Medikamenten und vorhandenen hormonellen Veränderungen (Stichwort Schwangerschaft) spielt vor allem die Ernährung bei der Höhe des Blutzuckerwerte eine Rolle. Sie muss dabei aber nicht an die Erkrankung angepasst werden – wichtig ist allerdings, dass bei jeder eingenommenen Mahlzeit die jeweilige Menge an Kohlehydraten beachtet und (in Broteinheiten bzw. Kohlehydrateinheiten) berechnet wird. Je nach aufgenommener Kohlehydratmenge muss auch die Dosis an gespritztem Insulin abgestimmt werden.
Ansonsten dürfen diese Diabetes-Patienten alles essen, was „Stoffwechselgesunde“ auch zu sich nehmen. Die schlechte Nachricht ist allerdings, dass die richtige Ernährung nicht zur Besserung der Krankheit beitragen kann.
Ernährung bei Diabetes Typ 2
Bei Diabetes des Typs 2 sieht es – auch wenn es wie erwähnt im Grunde keine expliziten, absoluten Verbote gibt – schon etwas anders aus. Wichtig ist in jedem Fall, dass Betroffene hier ihre bisherigen Essgewohnheiten überdenken und hinterfragen. Wir wollen nun schauen, was die Betroffenen dieses Typs konkret beachten sollten.
In vielen Fällen sollte das Ziel der Betroffenen sein, das eigene Körpergewicht zu reduzieren. Neben den Blutzuckerwerten würden auch Blutdruck und Blutfettwerte vom Abnehmen profitieren. Typ-2-Diabetiker sollten also auf eine ausgewogene Ernährung achten und insbesondere fetthaltige Lebensmittel (wobei es in Sachen Fett natürlich „gute“ und „schlechte“ Fette gibt; siehe unten!) oder Fertigmahlzeiten eher vom Speiseplan streichen. Dabei geht es allerdings nicht darum, Verbote auszusprechen, sondern ein Bewusstsein für eine Ernährung mit gesundheitsfördernden Lebensmitteln zu schaffen.
Maßvoller Genuss sollte dabei Programm sein: Lieber eine Tafel Schokolade die Woche als vollständiger Verzicht auf jeglichen Süßkram, lieber nur einmal im Monat zur Pommesbude um die Ecke statt niemals wieder Fast Food. Eine langsame, aber dauerhafte Kalorienreduktion und damit eine Gewichtsabnahme sollte das Ziel sein – dabei sollten Betroffene darauf achten, ohne Verzicht satt zu werden (zählen Sie hier am besten Kalorien, nicht Broteinheiten – fragen Sie im Zweifel aber bitte immer Ihren Arzt, vor allem, wenn Sie auch als Typ-2-Patient auf Insulin angewiesen sind).
Plant-based Power
Go green: Pflanzliche Lebensmittel mit geringer Energie- und hoher Nährstoffdichte – frisches Obst, Gemüse, Vollkornprodukte – sind im Zweifel Fleisch immer vorzuziehen und ohnehin Basis einer gesunden Ernährung. Sie sind aber nicht nur gesund, sondern helfen Diabetespatienten auch dabei, besonders ballaststoffreich zu essen. Ballaststoffreiche Lebensmittel machen länger satt und verlangsamen den Blutzuckeranstieg.
Fleisch und andere tierische Lebensmittel dagegen sollten Sie nur in Maßen zu sich nehmen – ausgenommen hiervon ist Fisch! Fisch ist ein guter Proteinlieferant, enthält wertvolle Fette und noch dazu kann er auf vielerlei Arten zubereitet werden. Gerade fetter Fisch wie Hering, Makrele, Lachs oder Thunfisch eignet sich hier besonders.
Gute Fette vs. Schlechte Fette
Apropos Fett. Fett = Schlecht ist keine Rechnung, die immer aufgeht. Man muss hier unterscheiden. Ungesättigte Fettsäuren wie Omega-3 können entzündungshemmend wirken. Omega-6-Fettsäuren dagegen – oft in tierischen Quellen wie Schmalz, Sahne, Fleisch- und Wurstwaren (Ausnahme: sehr hochwertiges Fleisch aus Weidehaltung) enthalten – kann sich sogar entzündungsfördernd auswirken.
Pflanzliche Fette sind meist besser für den Körper und daher zu bevorzugen. Diese haben eine positive Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System. Greifen Sie möglichst oft zu Oliven- oder Rapsöl und verzehren Sie Samen und Nüsse.
Vorsicht mit dem Streuer: Süßes und Salziges
Bei Verzehr von Süßem gibt’s Saures? Keine Sorge, Diabetes-Patienten dürfen Zucker essen. Achten Sie aber auch hier darauf, es nicht zu übertreiben und Ihren Zuckerkonsum einzuschränken. Zucker treibt den Blutzucker nach oben und damit auch den Insulinspiegel. Setzen Sie stattdessen vermehrt auf komplexe Kohlehydrate, die den Blutzuckerwert nicht so schnell ansteigen lassen – Vollkornprodukte haben wir oben bereits erwähnt, auch Hülsenfrüchte sind in dieser Hinsicht gut für den Körper. Verzichten Sie im Gegenzug auf Pizza oder Brot aus Weißmehl – diese einfachen Kohlehydrate gehen schnell ins Blut.
Zum Thema Salzen gilt: Verwenden Sie Salz sparsam – erst recht, wenn Sie hohen Blutdruck haben!
Kein Alkohol ist auch eine Lösung
Nehmen Sie allgemein viel Flüssigkeit zu sich. Zu bevorzugen sind dabei Wasser, Fruchtschorlen und (ungesüßter) Tee. Ihren Alkoholkonsum dagegen sollten Sie am besten einschränken – ist die Leber mit dem Alkoholabbau beschäftigt, kann sie keine Zuckerreserven aus der Leber ins Blut freisetzen, was zu Unterzuckerung führen kann. Einschränken sollten Betroffene auch den Konsum von süßen Getränken wie Cola, Limo und Saft: Sie tragen kaum zum Sättigungsgefühl bei und enthalten viel Zucker.
Abschließend möchten wir festhalten, dass Ernährung natürlich stets ein sehr individuelles Thema ist. Diabetes-Fachgesellschaften konnten bisher kein Ernährungsmuster identifizieren, das sich für alle Diabetes-Patienten gleich gut eignet. Ihr behandelnder Arzt weiß genau, wie Ihre Ernährung am besten auf Ihre Bedürfnisse zugeschnitten werden kann. Allgemein kann eine Ernährungsberatung hier sehr hilfreich sein und sollte gegebenenfalls in Anspruch genommen werden.
Wir geben Ihnen zum Abschluss noch folgende Tipps mit auf den Weg: Bewegen Sie sich nach Möglichkeit ausreichend (und vielleicht noch ein bisschen mehr!), achten Sie bei „Light“-Produkten auf die Inhaltsstoffe und vertrauen Sie nicht blind darauf, dass sie gut für Ihren Körper sind, und – ganz wichtig – kochen Sie selbst, kochen Sie frisch.
Dann sind Genuss und Fantasie in Sachen Ernährung bei Diabetes kaum Grenzen gesetzt!
Weitere Infos erhalten Sie z. B. beim Diabetesinformationsportal oder bei der Techniker Krankenkasse!