Studenten der TU Dortmund besuchen das Sanitätshaus Tingelhoff. Praxisnah statt Theorie
Als die Seminarleitung im Dezember verkündete, wir alle würden eine Studenten Exkursion zum Sanitätshaus Tingelhoff machen, war die Begeisterung bei vielen nicht sehr groß. Auch ich hatte mir erst einmal nicht vorstellen können, wie die Veranstaltung „medizinische Grundlagen im Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung“ und die Exkursion zusammen hängen. Zwischen Weihnachtsbraten und Raketen knallen war dieser Ausflug in die weite Ferne gerückt. Doch sobald das Semester ins neue Jahr startete und jede Veranstaltung eine Studienleistung von den Studenten verlangte, rückte auch dieser Ausflug in den Fokus. Wenn sich dann der Unmut aus den Bergen an Papier frei gräbt, ist oft die Frage aufgekommen, wieso wir denn jetzt auch noch drei Stunden außerhalb der Uni verbringen müssen und das ausgerechnet zwischen Stützstrümpfen und Bandagen.
Die Neugier
Bis ich auf das Gelände vom Sanitätshaus Tingelhoff in Dortmund Körne fuhr, stellte auch ich mir diese Frage. Die Begrüßung durch sehr freundliche Mitarbeiter in dem großen und modern ausgestatteten Seminarraum war nur die erste von vielen angenehmen Überraschungen dieser Exkursion. Nach einer kurzweiligen Einleitung in die Leistungen des Unternehmens, wie zum Beispiel das Case Management, hatte ich als Teil einer Gruppe die Möglichkeit drei unterschiedliche Bereiche des Unternehmens kennenzulernen. Wo oftmals sonst theorielastige Vorträge auf uns warten, ist das Sanitätshaus Tingelhoff ein Ort an dem Ausprobieren, Testen und Anfassen erlaubt ist.
Home Care
Neben der Offenheit der Mitarbeiter gegenüber allen Fragen und Anregungen, war das für mich der Punkt, an dem das Sanitätshaus für mich von einer Pflichtleistung zu einem Entdeckungsort wurde. Der Bereich der Home Care präsentierte mehr Möglichkeiten mit Inkontinenz umzugehen, als ich überhaupt für möglich gehalten hatte. Jedes Produkt war als Probe vorhanden und konnte somit von allen Seminarteilnehmern persönlich auf Unterschiede, Vor- oder Nachteile untersucht werden. Vom Einmal-Katheter im kleinen „to go“ Format bis hin zur Windel mit Superabsorber. Die kompetenten und freundlichen Antworten und Kommentare der Mitarbeiter zeigten, dass Kunden für das Sanitätshaus Tingelhoff Individuen sind, für die passende Lösungen gemacht werden.
Orthopädietechnik
Dies bringt mich zur Abteilung Orthopädietechnik. Hier konnte ich neben viele unterschiedlichen Formen von Orthesen und Prothesen vor allem die Leidenschaft eines Mitarbeiters für seine Arbeit, aber auch seine Firma beobachten. Während er für Unwissende, wie uns, einige Handlungsschritte und Lösungen der Orthopädietechnik erklärte, brachte er jede Stützmaßnahme und jeden Ersatz mit einer persönlichen Lebensgeschichte in Verbindung. Ohne Namen zu nennen oder sich in technischen Details zu ergehen, machte er uns allen klar, dass jede Anfertigung etwas ist, dass das Leben eines Menschen verbessert.
Rollstuhl Parkour
Ein wichtiger Faktor der Lebensqualität ist die Mobilität. Was für gehende Menschen eine Selbstverständlichkeit ist, wird für Menschen im Rollstuhl von den Bezeichnungen „Standard, Leichtgewicht oder Adaptiv“ bestimmt. Diese drei manuellen Rollstühle konnten wir in der aktiv Reha des Sanitätshauses testen. Während die ersten Rollversuche drinnen noch etwas zaghaft waren, da viele von uns zum ersten Mal in einem Rollstuhl saßen, war im Parcours auf dem Parkplatz rasen angesagt. Dies gelang je nach Rolli-Modell mal mehr und mal weniger. Der kurze Weg aus und in die Werkstatt hat und sehr viel besser zeigen können welche Hürden der Alltag für Rollstuhlfahrer bereithält, als ein mündlicher Vortrag hätte tun können. Das Angebot mit einem Rollstuhl durch die Stadt zu fahren ist ein weiterer Punkt, mit dem das Sanitätshaus Tingelhoff Betroffenen und Betreuenden tiefere Einblicke in ihre Arbeit und ein größeres Verständnis den eigenen Grenzen gegenüber schafft.
Umfrage á la „Wer wird Millionär“
Zuletzt wurde eine Umfrage á la „Wer wird Millionär“ durchgeführt, bei der 98% aller Kursteilnehmer sagten, dass sie sich etwas ganz anderes unter dem Sanitätshaus vorgestellt hatten, und genau so viele einen solchen Ausflug auch gerne noch mal wiederholen möchten. Dies mag teilweise daran liegen, dass wir in der Pause mit belegten Broten, Getränken und Snacks versorgt wurden, vielleicht aber auch an den vielen Bereichen, die unser Studium und späteren Beruf betreffen. Höchstwahrscheinlich aber liegt es aber daran, dass die Kompetenz, die Leidenschaft und die Freundlichkeit der Mitarbeiter von Tingelhoff zum Wiederkehren einlädt.
von Samira Burkhardt (Studentin der TU Dortmund, Lehramt für Gymnasium/ Gesamtschule mit FS kmE)