Es ist so weit: Eine Corona-Impfung wird durch neu entwickelte Vakzine möglich und verspricht eine Rückkehr zur Normalität. Was man jetzt wissen muss, klären wir in diesem Beitrag!
Corona-Impfung: Rückblick und Ausblick
2020 war für die meisten von uns wohl – Corona sei Dank!. Ein eher bescheidenes Jahr, endete aber mit einem klaren Lichtblick. Nicht nur ein, sondern gleich mehrere Impfstoffe wurden der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) zur Prüfung vorlegt!. Derzeit ist in der EU die Zulassung für zwei Impfstoffe erteilt. Seit 21.12.2020 darf das Vakzin von BioNTech/Pfizer, seit 06.01.2021 das von Moderna verimpft werden. Weitere Kandidaten sind auf dem besten Wege, ebenfalls zugelassen zu werden. Bereits seit Ende Dezember laufen die Impfungen gegen Covid-19 in Deutschland. An sich doch ein eindeutiger Grund zur Freude!
Doch viele haben auch Bedenken, was die Sicherheit der Impfstoffe betrifft. Angesichts der Tatsache, dass diese binnen sehr kurzer Zeit entwickelt wurden, drängen sich bei manchen Menschen Zweifel auf, ob sämtliche Sicherheitsrichtlinien bei der Entwicklung, Erprobung und Zulassung der Impfstoffe eingehalten wurden. Darüber hinaus ranken sich, gerade was die Wirkweise und Eigenschaften der mRNA-Impfstoffe angeht, natürlich auch zahlreiche Legenden, Falschinformationen und Verschwörungstheorien rund um diesen Themenkomplex, die nicht nur von Impfgegnern oder sogenannten Corona-Leugnern verbreitet werden. Wir wollen uns im Folgenden möglichst kurz und prägnant mit diesem Thema beschäftigen. Und zudem auf die Frage eingehen, wer den Impfstoff wann in NRW erhält und wie diejenigen zur Corona-Impfung zugelassen werden können.
Wie sieht die Entwicklung und Zulassung eines Impfstoffs aus?
Ein neuer Impfstoff benötigt in der Regel mehrere Jahre, um entwickelt zu werden Er muss vor seiner Zulassung verschiedene Phasen (Isolierung/Charakterisierung des Krankheitserregers und geeigneter Antigene, Entwicklung des Impfstoffkandidaten) durchlaufen. Danach wird er in präklinischen und klinischen Prüfungen der Phasen 1 (Immunogenität), 2 (Verträglichkeit und Dosierung) und 3 (statistisch signifikante Daten zu Unbedenklichkeit und Wirksamkeit) auf seine Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit untersucht. Diese Phasen finden normalerweise nacheinander statt.
Bei den Corona-Impfstoffen und -Impfstoffkandidaten koordiniert die Europäische Arzneimittelagentur EMA das zentralisierte Zulassungsverfahren. Der Ausschuss für Humanarzneimedizin der EMA gibt bei einer positiven Bewertung eine Stellungnahme mit Zulassungsempfehlung an die Europäische Kommission ab, die dann über die Zulassung entscheidet. Die Dringlichkeit der Pandemielage hat dabei dafür gesorgt, dass bei der Entwicklung eines möglichen Covid-19-Vakzins Kooperationen unter Wissenschaftlern enger und Prozesse effizienter gestaltet wurden. Wobei auch Verfahrensabläufe deutlich optimiert wurden, ohne dass in Sachen Sorgfalt Abstriche gemacht worden wären.
Wie konnte der Corona-Impfstoff so schnell entwickelt werden?
Die Geschwindigkeit, mit der die Vakzine entwickelt werden konnten, ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Zunächst wäre da der Zeitgewinn durch wissenschaftliche Beratung auf nationaler und europäischer Ebene zu nennen, von dem Impfstoffentwickler profitierten. Diese Beratung zu regulatorischen Vorgaben und inhaltlichen Anforderungen bei der Antragstellung zur Genehmigung klinischer Prüfungen spart Zeit. Zudem ermöglicht es einen reibungslosen Einreichungsprozesse. Auch die verstärkte internationale Kooperation unter Impfstoffforschern trug zur Beschleunigung bei.
Zeit wurde auch durch Anwendung des Rolling-Review-Verfahrens gewonnen, das es möglich macht, noch während der klinischen Phase-3-Prüfung Daten für eine Vorab-Bewertung für die Zulassung vorzulegen. Teile des Antragsdossiers werden so vor der eigentlichen Antragstellung geprüft, verbessert und bewertet. Dadurch nimmt letztlich die Bearbeitung eines Zulassungsantrages weniger Zeit in Anspruch.
Darüber hinaus wurden die klinischen Prüfungsphasen kombiniert. Anstatt die oben genannten Phasen nacheinander durchzuführen, wurden Prozesse wie die Rekrutierung von Probanden für zwei Phasen der klinischen Prüfung nebst notwendiger Untersuchungen gebündelt. Letztlich konnten die Forscher ferner auf einen bereits bestehenden Pool an Wissen bezüglich verschiedener Coronaviren zurückgreifen. Als Beispiel seien hier SARS oder MERS genannt, die Ähnlichkeiten mit dem Covid-19-Erreger aufweisen.
In Summe führten diese Faktoren dazu, dass Vakzine in Rekordzeit entwickelt und zugelassen werden konnten. Wichtig festzuhalten ist, dass während des Prüf- und Zulassungsprozesses kein Schritt ausgelassen oder vereinfacht wurde.
Wie wirkt ein mRNA-Impfstoff?
Bei den derzeit in der EU zugelassenen Impfstoffen handelt es sich um MRNA-basierte Impfstoffe. Solche Vakzine enthalten die Erbinformation in Form von Boten-RNA („messenger RNA“ oder eben mRNA), die den Bauplan des Antigens umfasst. Diese Erbinformation wird von Körperzellen genutzt, um das spezifische Antigen in wenigen Körperzellen selbst zu produzieren. Die Zellen präsentieren dieses Antigen den Immunzellen, wodurch die gewünschte spezifische Immunantwort ausgelöst wird. Bei einem späteren Kontakt mit SARS-CoV-2 erkennt das Immunsystem das Antigen wieder und kann das Virus dann ganz gezielt bekämpfen.
Damit sie in den Körper aufgenommen werden kann, wird mRNA dabei mit Lipidstoffen (Fettstoffen) umhüllt, wodurch mRNA-Lipidnanopartikel entstehen. Diese sind auch nach der Impfung ausreichend stabil. Eine Aufnahme der mRNA in einige wenige Muskel- und Immunzellen, werden so ermöglicht. Die Lipidnanopartikel sind weder zellschädigend noch geht von ihnen eine Gefahr für den menschlichen Körper aus. Die mRNA des Impfstoffs wird binnen kurzer Zeit abgebaut, wird nicht in DNA umgebaut und hat keinerlei Einfluss auf die menschliche DNA. Klarer Vorteil der mRNA-Vakzine ist, dass die RNA grundsätzlich eine einfache Struktur besitzt und die Möglichkeit bietet, binnen weniger Woche Millionen von Impfdosen herzustellen.
Die Corona-Impfung mit den aktuell verwendeten Impfstoffen von BioNTech und Moderna muss im Abstand weniger Wochen zweimal durchgeführt werden, um den vollen Impfschutz zu entfalten. Dies ist jedoch nicht ungewöhnlich und bei vielen anderen Impfungen ebenfalls gang und gäbe. Wer sich zum Beispiel schon einmal gegen Tollwut hat impfen lassen, weiß, dass man für einen vollständigen Impfschutz hier sogar drei Dosen benötigt.
Welche Nebenwirkungen sind bei einer Corona-Impfung zu erwarten?
Wie bei jeder anderen Impfung sind auch bei der Corona-Impfung gewisse Nebenwirkungen nicht auszuschließen. Geringe Nebenwirkungen, die laut der Studien unter Probanden häufig auftreten Diese können sein: Schmerzen an der Einstichstelle, Müdigkeit, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Fieber und auch allergische Reaktionen. Diese Nebenwirkungen klingen aber in der Regel nach kurzer Zeit wieder ab. Schwerwiegendere „unerwünschte Ereignisse“, die direkt auf die Impfung zurückzuführen waren, gab es bei den Studien ebenfalls. Unter mehr als 20.000 Probanden klagte jeweils eine Person über eine Schulterverletzung, Herzrhythmusstörungen sowie Taubheitsgefühle im Bein.
Und wie sieht es mit Langzeitfolgen oder Langzeit-Nebenwirkungen aus?. Um diese Frage zu beantworten, muss man zunächst die Begrifflichkeit „Langzeitfolgen“ klären. Nebenwirkungen, die erst viele Monate oder Jahre nach einer Impfung auftreten, sind bisher von keinem Impfstoff bekannt. Auch für mRNA-Impfstoffe sind solche „Langzeitfolgen“ in dem Sinne nicht zu erwarten. Gerade weil die mRNA sehr schnell im Körper abgebaut wird. Im medizinischen Sprachgebrauch meint der Begriff „Langzeitfolgen“ sehr seltene Nebenwirkungen, die zwar kurz nach einer Impfung auftreten können, die man aber erst erkennt, wenn ein Impfstoff bereits längere Zeit auf dem Markt verfügbar ist. Diese sind dann eben so selten, dass erst millionenfach geimpft werden muss, bevor sie sich bemerkbar machen. Schäden, die Jahre später plötzlich bei Geimpften auftreten, sind in dieser Form für Impfstoffe allgemein unbekannt.
Wie läuft das Impfen in NRW ab?
Auch bei uns in NRW wird bereits im Bereich der Risikogruppen in Senioren- und Pflegeheimen geimpft. 53 Impfzentren sind derzeit einsatzbereit, aber noch nicht für den Publikumsverkehr geöffnet. Die reguläre Terminvergabe für Impfungen beginnt am 25. Januar. Zuerst für die Über-80-Jährigen (dies inkludiert Personen, die noch diesen Januar 80 werden), die nicht in Heimen leben. In NRW erhalten diese Personen bis zum 23.01.21 einen Brief von den Kreisen und kreisfreien Städten, die über die Impfmöglichkeiten informiert. Die Terminvergabe erfolgt dann voraussichtlich online oder telefonisch. Als Nachweis für die Anspruchsberechtigung kann der Personalausweis gelten. Bis Ende April soll diese Altersgruppe – dabei handelt es sich um rund eine Million Menschen – in NRW komplett geimpft sein. Ebenfalls zu den priorisierten Gruppen zählen alle Bewohner von Senioren- und Pflegeheimen sowie Beschäftigte ambulanter Pflegeheime und in medizinischen Bereichen. Die Kosten für das Impfmittel übernimmt die Bundesregierung, für Spritzen und Kanülen kommt das Land NRW auf.
Was sonst wichtig ist
Umfassendere Infos, Zahlen und weitere Fakten zu wissenschaftlichen Hintergründen erhalten Sie beim Paul-Ehrlich-Institut, beim RKI sowie beim Bundesgesundheitsministerium und dem Land NRW. In Videoform diskutieren drei Dortmunder Mediziner das Thema zudem sehr anschaulich auf youtube – angucken lohnt sich!
Letztlich ist jeder selbst dafür verantwortlich, ob er sich impfen lässt, und muss diese Entscheidung gut abwägen und allein treffen. Experten sind sich jedoch einig, dass das Risiko einer schweren Erkrankung an Covid-19 und der weiteren Verbreitung der Krankheit bei weitem größer ist als das sehr geringe Risiko schwerer Nebenwirkungen bei einer Corona-Impfung. Gewisse geringe Risiken sowie Nebenwirkungen gibt es bei so gut wie jeder Impfung, wobei man im Hinterkopf behalten sollte, dass wir – z. B. für Urlaube in exotischen Regionen – oft gerne eine ganze Menge Impfungen in Kauf nehmen, ohne groß über Nebenwirkungen nachzudenken.
Impfungen haben es uns in der Vergangenheit immer wieder ermöglicht, schwere und/oder tödliche Erkrankungen auszumerzen. Ohne eine Impfung gegen Pocken, Tetanus oder Polio wären viele von uns entweder nicht mehr an Leben oder müssten mit starken körperlichen Einschränkungen leben. Zum individuellen Schutz und zur Eindämmung der Pandemie wird die Corona-Impfung einen Beitrag von unschätzbarem Wert leisten.
Am Ende des Tages liegt die Entscheidung aber selbstredend bei jedem Einzelnen von uns – sich umfassend (und bei seriösen Quellen!) zu informieren, bevor eine solche Entscheidung getroffen wird, ist jedoch das Mindeste, was wir alle tun können.
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