Niels Birbaumer schenkt Hoffnung
Bei Amyotrophe Lateralsklerose über die eigenen Hirnströme wieder am Leben teilhaben. Bereits Mitte der 90er Jahre schaffte Niels Birbaumer einen Ansatz, der das Bewusstsein und Leben einiger prägen könnte.
Eine Schnittstelle zwischen Mensch und Computer könnte das Leben von Patienten verändern.
Man stelle sich Amyotrophe Lateralsklerose vor, eine Krankheit, die den Körper befällt, aber den Geist frei lässt. Die Betroffenen sind in ihren eigenen Körper gefangen, die Ärzte bezeichnen diese Verfassung als „Locked-In“. Übersetzt bedeutet „Locked-In“ eingesperrt. Sich mitteilen, Emotionen zeigen, Gespräche führen … funktioniert nicht, denn der Körper lässt es nicht zu. Die Muskeln sind zu schwach, kaum bis keine Bewegung sind möglich.
Umfeldsteuerung ist kein neuer Begriff in der Hilfsmittelindustrie. Heute gibt es vielfältige Kommunikationsmöglichkeiten, sei es mit Hilfe der Augen, Zucken einzelner Körperpartien oder Andere.
Aber was tun, wenn nichts mehr davon funktioniert?
Niels Birbaumer entwickelte eine Methode, mit der die Patienten mit Hilfe der Kontrolle über die eigenen Hirnströme wieder an ihrem Leben teilhaben können. Das heißt, der fitte Geist, der noch vorhanden ist, bekommt etwas zu tun.
Niels Birbaumer arbeitet an diesem Ansatz in Tübingen, erst in der Abteilung klinische und physiologische Psychologe und später im medizinischen Bereich, in der medizinischen Psychologie und Verhaltensneurobiologie.
Einen Riesen-Erfolg kann er bereits vorweisen: Hans Peter Salzmann verdankt ihm seine Kommunikationsfähigkeit. Hans Peter Salzmann, 45, ist ein typischer Fall einer Amyotrophe Lateralsklerose mit Locked-in Syndrom. Durch das Thought Translation Device, kurz TTD, kann sich Hans-Peter Salzmann wieder mit seiner Umwelt auseinandersetzen und nur mit Hilfe der Kontrolle seiner Gedanken schreiben.
Unterbewusste Befehle lassen sich steuern. Normalerweise wenn wir den Körper zu einer Bewegung bringen, dann denken wir nicht nach wie wir das steuern, es passiert unterbewusst. Aber eine elektrische Spannung lässt sich am Schädel messen, die langsamen kortikalen Potenziale. Niels Birbaumer und sein Team erkannten dabei die Möglichkeit, die Potenziale wieder bewusst zu steuern, indem diese den Betroffenen an einem Bildschirm gezeigt werden. Mit Hilfe der sichtbaren Potenziale lernten die Patienten ihr Gehirn positiv so wie negativ zu beeinflussen und wieder zu kontrollieren.
Er nutze diese Erkenntnis, die er Anfang der neunziger mit seinen Angestellten entdeckte, um ein Kommunikationsgerät für schwerst gelähmte Patienten zu schaffen. Bis heute wird diese Idee weiterentwickelt.
Brain-Computer-Interface
Das Prinzip nennt sich BCI (Brain-Computer-Interface). Eine Schnittstelle vom menschlichen Gehirn zu einem Computer, welcher mittels eines Feedback-Gerätes die gesendeten Signale des Patienten in visuelle oder akustische Befehle umsetzen kann. Es ist natürlich, wie fast alles. ein Lerneffekt. Diese Kommunikation muss trainiert werden, Bertroffene lernen ihre Gedanken zu steuern.
Der Ablauf sieht vereinfacht wie folgt aus:
THOUGHT TRANSLATION DEVICE BESTEHT AUS FEEDBACK-SCHLEIFE:
Signal à Person lernt Signal zu kontrollieren/Computer lernt Signal klassifizieren à Befehl
Der Ablauf:
Der Patient wird an ein EEG angeschlossen, dieses übermittelt mit Hilfe eines Verstärkers Signale an einen Computer, der wiederum die verarbeiteten Signale, das Feedback, zurücksendet. Der Feedback-Monitor kann nun visuell oder akustisch das Signal umsetzten. Der Patient muss lernen das Signal zu kontrollieren und der Computer lernt das Signal zu klassifizieren. Der Prozess wird zum Automatismus, wenn Patienten den Prozess verinnerlicht haben.
Neuro-Feedback wird auch heute schon in der Verhaltenstherapie eingesetzt. ADHS-Patienten lernen sich so zu kontrollieren und in bestimmten Situationen zu beherrschen bzw. zu konzentrieren. In der Therapie wird zum Beispiel ein Kind an ein EEG angeschlossen, um die Hirnströme aufzuzeichnen. Die Kinder haben dann die Aufgabe ein Flugzeug auf dem Bildschirm mit Hilfe der Gedanken hoch und runter zu steuern. Dies passiert häufig mit Hilfe von Stimmungen. Durch Konzentration und Angespanntheit, lässt sich das Flugzeug hochfliegen. Dadurch ist es wichtig, sich in eine Situation zu versetzen, die einen anstrengt und konzentriert. In unserem Beispiel mit dem Kind kann dies der Gedanke an eine Matheklausur oder einen Vokabeltest sein. Um das Flugzeug sinken zu lassen, ist das Gegenteil notwendig: Entspannung. Um sich entspannen zu können, ist es hilfreich, sich eine Situation, wie Schlafen oder in der Sonne entspannen, vorzustellen. So lernen die Kinder spielerisch ihre Gedanken zu kontrollieren und können diese Prozesse mit in den Alltag übernehmen und den nächsten Anfall kontrollieren. Das Konzept steckt noch in der Erprobung. Die Ansätze lassen Hoffnung für viele Patienten aufkommen.
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