ALS im Fokus! Seit 2008 findet er jedes Jahr am letzten Tag im Februar statt: Der Internationale Tag der Seltenen Erkrankungen soll Betroffene, Angehörige und Patientenorganisationen sowie natürlich die Bedürfnisse von Menschen mit seltenen Erkrankungen verstärkt ins Licht der Öffentlichkeit rücken. Letztes Jahr haben wir bereits über drei seltene Erkrankungen informiert, mit denen wir im Sanitätshaus Tingelhoff zu tun haben.
Mit einer dieser Erkrankungen beschäftigen wir uns heute eingehender – und zwar in Form eines Kundeninterviews. Unser ALS-Kompetenzteam, das wir an dieser Stelle ebenfalls demnächst näher vorstellen werden, betreut ALS-Patientinnen und -Patienten vollumfänglich, darunter Josef Meyer, der so freundlich war, uns für ein kurzes Interview zur Verfügung zu stehen.
Hallo Herr Meyer, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für uns genommen haben! Erzählen Sie uns doch zunächst gerne etwas über sich selbst.
Mein Name ist Josef Meyer. Ich bin 62 alt und habe ursprünglich den Beruf des Schriftsetzers erlernt. Zuletzt war ich als Hausmeister tätig. Ich bin verheiratet und habe zwei Söhne.
Seit wann leben Sie mit der Diagnose ALS?
Seit April 2020.
War Ihnen diese Erkrankung vorab ein Begriff?
Ja, war sie. Sowohl mein Vater als auch der meiner Ehefrau hatten ALS.
Wie kam es zur Erstdiagnose? Welche Symptome waren zunächst festzustellen?
Ich bin immer wieder bei Spaziergängen gestolpert. Hinzu kam tapsiges Gehen, woraufhin ich einen Arzt aufsuchte. Vom Orthopäden wurde ich dann an einen Neurologen überwiesen.
Wie schränkt Ihre Erkrankung Sie heute ein?
Die Einschränkungen kann man wohl nur als massiv bezeichnen. Das selbstständige An- und Ausziehen ist mir nicht mehr möglich, ebenso der eigenständige Gang zur Toilette. Körperpflege gestaltet sich schwierig, waschen und duschen schaffe ich ohne Hilfe nicht mehr. Auch ein selbstständiges Umdrehen im Bett ist ein Problem.
Bis zu meiner Erkrankung habe ich bei uns den Haushalt geführt. Auch diese Aufgabe kann ich nicht mehr übernehmen. Der Hobbybereich ist ebenfalls entsprechend eingeschränkt: Geocaching habe ich zum Beispiel immer gern gemacht; dies ist nur noch bedingt möglich.
Wie sahen die einzelnen Behandlungsschritte aus? Können Sie den Behandlungsverlauf kurz schildern? Welche Therapiemaßnahmen wurden und werden durchgeführt?
Von meinem Neurologen wurde ich weiter an die ALS-Ambulanz verwiesen. Mir wurde ein Medikament zur Verzögerung des Krankheitsverlaufs verschrieben. Alle 3 Monate besuche ich die ALS-Ambulanz zur Kontrolle.
Parallel nehme ich an Therapiemaßnahmen teil; einmal wöchentlich besuche ich den Logopäden, je zweimal die Woche gehe ich zur Physio- und Ergotherapie.
Zudem habe ich im Laufe der Zeit verschiedene Hilfsmittel erhalten: Ab August 2020 nutzte ich einen Rollator, da mir das Gehen immer schwerer fiel.
Wann begann die Betreuung durch das Sanitätshaus Tingelhoff? Wie sah Ihr erster Kontakt aus, wie die erste Beratung?
Der erste Kontakt wurde im September 2020 über die Plattform Ambulanzpartner hergestellt. So kam ich mit den Kolleg*innen von Tingelhoff ins Gespräch und erhielt mein erstes Hilfsmittel von Ihnen.
Welche Hilfsmittel haben Sie von uns erhalten? Wie sah die Einweisung in deren Benutzung aus?
Ergänzt wurde der erwähnte Rollator durch einen Leihrollstuhl, den ich ab 2020 über das Sanitätshaus Tingelhoff bezog und der es mir erlaubte, mich auch dann noch fortzubewegen, wenn ich vom Gehen erschöpft war bzw. der mir längere Wegstrecken möglich machte.
Im Oktober 2020 erhielt ich dann noch leihweise einen Elektrorollstuhl. Der elektrische Antrieb war nötig, da meine eigene Muskelkraft zur Fortbewegung bisweilen nicht mehr ausreichte. Gerade bei weiten Strecken ist der E-Rollstuhl sehr hilfreich.
Im Dezember desselben Jahres erfolgte der endgültige Umstieg auf den eigenen Aktiv- und Elektrorollstuhl. Da ALS eine schnell voranschreitende Krankheit ist, war hier im Mai 2021 zudem eine weitere Anpassung erforderlich: Aufgrund der Tatsache, dass meine Rumpfstabilität sich stark verändert hatte, musste der Elektrorollstuhl umgebaut werden.
Seit Juni 2021 nutze ich außerdem leihweise einen Patientenlifter. Leider schaffen meine Frau und ich es ohne dieses Hilfsmittel nicht mehr, mich vom Rollstuhl ins Bett zu transferieren. Mein eigener Lifter ist bereits von der Krankenkasse genehmigt und wird uns dann dauerhaft dabei helfen.
Die Einweisung wurde bei allen Hilfsmitteln bei Lieferung sehr umfassend und verständlich durchgeführt. Bei Fragen steht außerdem Herr Koppermann immer zur Verfügung.
Wer sind Ihre Ansprechpartner bei Tingelhoff? Wie würden Sie die Betreuung durch unsere Kolleg*innen bewerten?
Der Kontakt läuft komplett über Herrn Koppermann. Nur bei einfachen Lieferungen kommt auch schon mal ein Kollege vom Service. Es ist von Vorteil, einen einzigen Ansprechpartner zu haben, der sich um alles kümmert.
Wir etablieren nun bei Tingelhoff ein „ALS-Kompetenzteam“, um Betroffenen zukünftig noch besser helfen zu können – wünschen Sie sich mehr solch spezialisierte Angebote von Gesundheitsdienstleistern wie Tingelhoff? Haben Sie den Eindruck, die Erkrankung ALS erhält genügend Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit?
Gerade in Bezug auf Öffentlichkeitsarbeit ist denke ich noch eine Menge zu tun. ALS ist in der Öffentlichkeit meiner Meinung nach nicht bekannt und mehr spezialisierte Angebote wären förderlich. Wie erwähnt ist es gut, wenn es einzelne Ansprechpartner gibt, sozusagen einen Service aus einer Hand, der sich mit Krankheitsbildern wie ALS auskennt.
Was würden Sie besonders an unserem Service hervorheben?
Mit dem Service seitens Tingelhoff bin ich zufrieden. Was aber für mich sehr schwierig ist, ist der enorm lange Zeitraum zwischen Bedarfsmeldung und Lieferung. Bei einem Elektrorollstuhl hat es ganze 4 Monate gedauert. Zwar stellte Tingelhoff mir die kostenlosen Leihrollstühle zur Verfügung, aber das ist schon eine lange Wartezeit. Da stecken einfach ganz viele bürokratische Hürden dahinter, die den Prozess verlangsamen, und dann muss der Rollstuhl ja schließlich auch noch bestellt und auf meine Bedürfnisse angepasst werden. Ich weiß, dass Sie darauf keinen Einfluss haben, aber wenn sich hier etwas ändern würde, würde das für Betroffene vieles erleichtern!
Vielen Dank an Herrn Meyer für seine Zeit und sein Vertrauen. Mehr zum ALS-Kompetenzteam – wie versprochen – demnächst!